In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde im Oldenburger Land das Netz der Haltepunkte massiv ausgedünnt. Das sogenannte eilzugmäßige Fahren war angesagt, bei dem die Züge nur noch an den wichtigen Zwischenhalten wie Varel, Cloppenburg oder Bad Zwischenahn hielten. Die damalige Zuggattung Nahverkehrszug verschwand – mit Ausnahme der Strecke Oldenburg – Bremen – nahezu vollständig aus der Regio.
Inzwischen besteht mit der Regio-S-Bahn wieder ein echter Nahverkehrszug für die Grundversorgung. Oldenburg und seine nähere Umgebung profitieren davon jedoch längst nicht so, wie es möglich wäre. Zum einen ist das Netz bislang auf Bremen konzentriert; zum anderen gibt es die zahlreichen Haltepunkte von früher einfach nicht mehr – sie müssten reaktiviert oder neu eingerichtet werden.
PRO BAHN befürwortet in seinem Verkehrskonzept einen massiven Ausbau der Regio-S-Bahn mit neuen bzw. verlängerten Linien rund um Oldenburg. Im Endausbau ergibt sich daraus folgendes Bild bezüglich weiterer Halte in Oldenburg, wobei Oldenburg-Wechloy bereits seit einigen Jahren wieder am Netz ist.
Neu sind dabei von Nord nach Süd an der Strecke Wilhelmshaven – Oldenburg – Osnabrück Halte in Ofenerdiek, in Bürgerfelde, an der Pferdemarktbrücke, in Osternburg und in Krusenbusch sowie ein zusätzlicher Halt in Drielake an der Bremer Strecke. Aufgrund der technischen Gegebenheiten, insbesondere der eingleisigen Strecken nach Leer und Osnabrück, sowie der begrenzten Finanzmittel, die Niedersachsen in den Angebotsausbau im SPNV investieren möchte und der hohen Auslastung von DB Netz als Infrastrukturverwaltet ist eine zeitnahe Umsetzung aller Halte nicht ansatzweise realistisch.
Die Stadt Oldenburg erarbeitet derzeit (2023/24) ein Mobilitätskonzept als Beitrag auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt. Dazu wird auch ein Teilkonzept erstellt, in dem mögliche neue Bahnhalte untersucht werden. Als Fahrgastverband unterstützen wir dieses Ansinnen grundsätzlich, jedoch fordern wir, dass dadurch keine Verzögerungen auftreten und keine kurzfristig umsetzbaren Reaktivierungen vertagt werden.
Seitens der zuständigen Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), die zusätzliche Halte als Auftraggeber im SPNV bestellen müsste, existiert zudem eine Liste von insgesamt sieben Kriterien für die Reaktivierung oder den Neubau eines Bahnhofs oder Haltepunkts:
- Haltepunkt wird von einer Regional- oder S-Bahn bedient (fachlich nicht nachvollziehbare Festlegung; wird von PRO BAHN nicht grundsätzlich unterstützt)
- Hauptort liegt direkt an der Schienenstrecke
- Einwohnerpotenzial im 1,5 km-Radius liegt über 2.000 Einwohnern
- Nächste Station liegt im Umkreis von mehr als 3 km entfernt.
- Fahrplantechnische Machbarkeit ist gegeben.
- Anschlüsse in den Knotenbahnhöfen sind nicht gefährdet.
- Keine negativen Auswirkungen auf den Fahrzeugeinsatz (heißt: keine zusätzlichen Fahrzeuge nötig)
Es müssen nicht zwingend alle sieben Kriterien erfüllt sein, aber ein Großteil davon, und es darf kein zwingendes Kriterium (z.B. Anschlüsse) verletzt werden. PRO BAHN konzentriert sich daher auf eine schrittweise Umsetzung, beginnend mit den aussichtsreichsten Halten gemäß dieser Liste. Ganz vorne steht hierbei derzeit Oldenburg-Ofenerdiek, aber auch Oldenburg-Krusenbusch hat gute Chancen, sofern das Ausbaukonzept der LNVG zwischen Oldenburg und Osnabrück umgesetzt wird.
Oldenburg-Ofenerdiek
Der ehemalige Halt in Oldenburg-Ofenerdiek liegt zentral im Oldenburger Norden zwischen den Straßen Am Stadtrand und Karuschenweg. Der umgebende Stadtteil hat ca. 17.000 Einwohner. In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Halts verlaufen fünf Buslinien, die bei einer Reaktivierung dort zentral gebündelt werden könnten.
- 301 Eversten – Lappan – ZOB – Ofenerfeld (15-minütig)
- 304 Bümmerstede – Lappan – Feldahornweg (15-minütig)
- 322 Thomasburg – Lappan – ZOB – Ostring (30-minütig)
- 324 Ofenerfeld – Universität – Lappan – ZOB – Ostring (30-minütig)
- 329 Lappan – ZOB – Alexanderhaus (30-minütig)
Bereits 2018 wurde der Halt auf Antrag der Stadt Oldenburg geprüft und erhielt eine verkehrlich positive Bewertung. Jedoch konnten drei der sieben o.g. Kriterien seinerzeit nicht erfüllt werden:
- Damals fuhren ausschließlich die Linien RE 18 (Wilhelmshaven – Osnabrück) und RE 19 (Wilhelmshaven – Bremen) auf der Strecke Wilhelmshaven – Oldenburg.
- Die längere Fahrzeit eines stündlichen Halts des RE 18 hätte die Übergänge zu den Zügen der Linie RB 59 von und nach Esens in Sande gefährdet.
- Aufgrund der Situation in Sande, wo nach wie vor der Mittelbahnsteig fehlt, hätten sich ggf. bereits bei kleinen Verspätungen Fahrplankonflikte mit entgegenkommenden Personenzügen ergeben können.
Dieses Bild hat sich nun geändert: Seit einiger Zeit plant die LNVG, zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg einen Halbstundentakt aufzubauen. Dieser steht grundsätzlich auch im Deutschlandtakt drin, dort jedoch als reine RE-Verbindung. Die neue Planung hingegen sieht vor, folgendes Angebot zu fahren, wobei die beiden erstgenannten Linien sich zu einem Stundentakt ergänzen:
- Zweistündlich RE Wilhelmshaven – Oldenburg – Osnabrück
- Zweistündlich RE Wilhelmshaven/Norddeich – Emden – Oldenburg – Bremen – Hannover (- Braunschweig)
- Stündlich RS Wilhelmshaven – Oldenburg – Bremen
Dadurch lösen sich die drei zuvor bestehenden Probleme gewissermaßen in Wohlgefallen auf. Mit der Regio-S-Bahn fährt eine Zuggattung auf der Strecke, die einen stündlichen Halt in Ofenerdiek erlaubt, ohne gegen das RE-Konzept der LNVG zu verstoßen. Diese Linie muss zudem nördlich von Oldenburg keine Anschlüsse an andere Züge beachten. Ferner soll in absehbarer Zukunft in Sande der Mittelbahnsteig gebaut werden, so dass auch keine Fahrplankonflikte mit entgegenkommenden Zügen mehr entstehen können, weil jedes der beiden Streckengleise aus Oldenburg seine eigene Bahnsteigkante besitzt.
Nach unseren letzten Informationen ist jedoch noch offen, welche Linie der Regio-S-Bahn nach Wilhelmshaven verlängert werden soll. Im Verkehrsvertrag ist vorgesehen, die Züge der langsamen RS 3, die zwischen Oldenburg und Bremen überall hält, zu verlängern. Das ermöglicht zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven aber bloß einen Hinketakt (20/40) und führt gerade frühmorgens und spätabends, wenn die RS 3 in die Zeitlage der schnellen RS 30 fällt, zu weiteren schwer merkbaren Fahrzeiten. Außerdem ist sie länger unterwegs.
PRO BAHN bevorzugt daher die Verlängerung der schnellen RS 30, die, wie aus anderen Berichten hervorgeht, tatsächlich bereits in Planung sein könnte. Sie verkehrt derzeit regelmäßig in Doppeltraktion, wobei derzeit in Oldenburg beide Triebwagen nach Bad Zwischenahn weiterfahren. Hier würde – selbst bei Verlängerung bis Leer oder Papenburg – ein Triebwagen ausreichen (ca. 200 Sitzplätze), während der zweite Triebwagen den Ast nach Wilhelmshaven bedienen könnte. Dank der in Bau befindlichen Beifahranlage in Oldenburg an Gleis 3 und Gleis 6 wäre dies technisch problemlos umsetzbar. Die Kapazität von ca. 200 Sitzplätzen wäre auch für den Wilhelmshavener Zugteil ausreichend. Die RS 3 würde ohnehin nur mit einem Triebwagen verkehren.
Zudem gibt es auf der durchgängig zweigleisigen Strecke nach Wilhelmshaven keinerleit sonstige technische oder kapazitive Probleme mehr. Mit der Umsetzung des Haltes Ofenerdiek könnte also sofort begonnen werden. Es gibt keine Gründe anzunehmen, dass dieser Halt bei einer neuerlichen Bewertung ein geringeres Potential als 2018 oder ein ungünstiges Nutzen-Kosten-Verhältnis aufweisen könnte. Deswegen ruft PRO BAHN die Stadt Oldenburg auf, hier kurzfristig zu handeln und nicht auf die Fertigstellung des Mobilitätsplans zu warten. Wir sind uns sicher, dass auch in dem Teilkonzept zu möglichen Haltepunkten Ofenerdiek ganz vorne in der Bewertung stehen wird.
Bereits im Juni 2022 hat PRO BAHN deswegen dem Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Ofenerdieker Vereine und dem Verkehrsclub Deutschland eine Resolution zur Reaktivierung des Haltepunktes Ofenerdiek übergeben. Die jüngste Pressemitteilung vom Oktober 2023 zielt darauf ab, neuen Schwung in die Sache zu bringen, da sich seit der Resolution jedenfalls nichts äußerlich erkennbar geändert hat. Wie so oft sind die Prozesse in Deutschland quälend langsam.
Wie ein reaktivierter Halt aussehen könnte, zeigt das beigefügte Fahrplankonzept mit weiterführenden Erläuterungen, welches Sie hier herunterladen können. Es geht – gemäß unserem Wunsch – von einer Verlängerung der RS 30 nach Wilhelmshaven aus.
Materialien:
- Resolution zur Reaktivierung von Juni 2022
- Pressemitteilung vom Mai 2023
- Pressemitteilung vom Oktober 2023
- Fahrplanentwurf für Oldenburg-Ofenerdiek
Oldenburg-Krusenbusch
Die Strecke Oldenburg – Osnabrück befindet sich in keinem guten Zustand. Die Infrastruktur ist unzureichend, um selbst unter dem gegebenen Fahrplankonzept, welches nur einen verdichteten Stundentakt vorsieht, einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Siehe dazu auch unsere ausführliche Darstellung der Probleme.
Folgerichtig plant die LNVG nun, die Strecke auszubauen. Dazu gehören mehrere zweigleisige Abschnitte für fliegende Begegnungen, der nördlichste zwischen Huntlosen und Sandkrug, sowie ein zusätzlicher Bahnsteig in Großenkneten, damit sich dort wieder Personenzüge begegnen können und einzelne weitere Ausweichstellen in ehemaligen Bahnhöfen. Ziel ist es, damit einen ganztägigen Halbstundentakt anbieten und pünktlich fahren zu können. Dieses Angebot entspricht noch nicht den Wünschen von PRO BAHN, weil es nur einen Pendelverkehr zwischen Oldenburg und Osnabrück und keine überregionalen Verbindungen vorsieht, ist aber gegenüber heute bereits ein Quantensprung.
Leider wird sich die Umsetzung dieses Konzepts noch bis weit in die 30er-Jahre hineinziehen, weil in Deutschland eben alles lange dauert. Wenn dieser Ausbau aber umgesetzt ist, ergibt sich daraus die Chance, im Oldenburger Stadtgebiet einen weiteren Halt einzurichten, was derzeit aufgrund des aktuellen, auf Kante genähten Fahrplans nicht möglich ist. Der Ausbau indes sorgt für eine um ca. 5 Minuten verkürzte Fahrzeit zwischen Oldenburg und Osnabrück. Diese resultiert zum einen aus der besseren Beschleunigung elektrischer Triebwagen gegenüber den jetzt eingesetzten Dieseltriebwagen, aber auch aus den zweigleisigen Abschnitten, die Wartezeiten auf Gegenzüge entfallen lassen – trotz eines gegenüber heute vergrößerten Fahrzeitpuffers.
Statt wie bisher zur Hauptverkehrszeit in Huntlosen werden sich die Züge zukünftig auf dem zweigleisigen Abschnitt zwischen Sandkrug und Huntlosen begegnen. Für den Zulauf auf Oldenburg ergibt sich insgesamt folgende Änderung des Fahrplans:
Halt | Heute stündlich | Heute HVZ | Zukünftig stündlich | Zukünftig stündlich | |
---|---|---|---|---|---|
Großenkneten | ab | 14 08 | 14 38 | 14 08 | 14 38 |
Huntlosen | ab | 14 14 | 14 44 | 14 12 | 14 42 |
Sandkrug | ab | 14 20 | 14 50 | 14 17 | 14 47 |
Oldenburg (Oldb) Hbf | an | 14 29 | 14 59 | 14 26 | 14 56 |
Halt | Heute stündlich | Heute HVZ | Zukünftig Stündlich | Zukünftig Stündlich | |
---|---|---|---|---|---|
Oldenburg (Oldb) Hbf | ab | 14 29 | 14 59 | 14 35 | 15 05 |
Sandkrug | ab | 14 38 | 15 08 | 14 43 | 15 13 |
Huntlosen | ab | 14 44 | 15 14 | 14 49 | 15 19 |
Großenkneten | an | 14 48 | 15 18 | 14 53 | 15 23 |
Auf dem südlichen Streckenabschnitt bleiben insbesondere die Fahrzeiten in Osnabrück und damit auch die Anschlüsse unverändert. Ebenso wenig ändern sich die Fahrzeiten der Anschlusszüge in Oldenburg. So fahren die RE/IC-Züge nach Bremen und Leer weiterhin zu den Minuten 35 bzw. 33 ab, die schnelle Regio-S-Bahn nach Bremen zur Minute 05. Hier stabilisiert sich der Übergang durch die frühere Ankunfts- bzw. spätere Abfahrtszeit in Oldenburg erheblich.
Diese Zeit lässt sich nutzen, um einen zusätzlichen Halt zwischen Sandkrug und Oldenburg Hbf einzulegen. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit je Richtung zwar um ca. zwei Minuten; jedoch gefährdet dies nicht die Übergänge, zumal der Betrieb auf der Strecke Oldenburg – Osnabrück infolge der kapazitiven Ausbauen insgesamt weniger verspätungsanfällig sein wird. PRO BAHN befürwortet in diesem Zusammenhang einen Halt in Krusenbusch in der Lage des ehemaligen Bahnhofs an der heutigen Fußgängerüberführung (die irgendwann durch einen Tunnel ersetzt wird). Alternativ könnte auch in Osternburg gehalten werden. Mit Blick auf die Nähe Osternburgs zum Oldenburger Hbf und das im Oldenburger Südosten gelegene Industriegebiet Tweelbäke, welches leicht über einen Halt in Krusenbusch mit Bussen angebunden werden könnte, erscheint ein Halt in Krusenbusch aber sinnvoller. Beide Halte gleichzeitig sind aufgrund der fahrplantechnischen Zwänge auch nach Streckenausbau nicht umsetzbar, ohne Anschlüsse aufzugeben. Bei einem zusätzlichen Halt in Krusenbusch ergäbe sich etwa folgendes Bild:
Halt | Zukünftig stündlich | Zukünftig stündlich | Halt | Zukünftig stündlich | Zukünftig stündlich |
---|---|---|---|---|---|
Großenkneten | 14 08 | 14 38 | Oldenburg (Oldb) Hbf | 14 33 | 15 03 |
Huntlosen | 14 12 | 14 42 | Oldenburg-Krusenbusch | 14 39 | 15 09 |
Sandkrug | 14 17 | 14 47 | Sandkrug | 14 43 | 15 13 |
Oldenburg-Krusenbusch | 14 21 | 14 51 | Huntlosen | 14 49 | 15 19 |
Oldenburg (Oldb) Hbf | 14 28 | 14 58 | Großenkneten | 14 53 | 15 23 |
In Krusenbusch besteht ebenfalls Übergang zu zwei Stadtbuslinien im 15-Minuten-Takt. Wir rechnen daher mit einem erheblichen Zugewinn an Fahrgästen, weit über 1.000 pro Tag. Die leicht veränderte Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit in Oldenburg gefährdet zudem die Anschlüsse nicht. Von und nach Leer bleiben weiterhin mindestens 5 Minuten (heute 4) bei bahnsteiggleichem Übergang und nach Bremen in beiden Richtungen mindestens 7 Minuten, was mehr als ausreichend ist.
Die LNVG-Kriterien (s.o.) für neue Haltepunkte werden mit Ausnahme der Tatsache, dass es sich um eine RE-Linie handelt, ebenfalls erfüllt. Dieses Kriterium kann aber nicht entscheidend sein, weil es rein politisch und nicht verkehrstechnisch relevant ist, zumal niemand durch den weiteren Halt schlechtergestellt wird und viele Menschen, die heute keinen guten Zugang zur Bahn haben, durch erheblich bessere Verbindungen und verkürzte Reisezeiten profitieren. So dauert es bislang mit dem Bus von Sandkrug in den Oldenburger Süden (nach Kreyenbrück) ohne Beachtung der Umsteigezeit schon eine Viertelstunde. Nach Krusenbusch muss sogar umgestiegen werden, was die Fahrzeit weiter verlängert.