Bitte beachten: Dieser Text muss überarbeitet werden und stellt einen Stand noch vor Einführung des Deutschlandtickets dar. Insbesondere die Vereinfachung des Tarifsystems sowie eine Senkung der Kosten für viele Bahnreisende wurden damit bereits erreicht. Jedoch gibt es weiterhin an vielen Stellen Handlungsbedarf im Detail.

Das Tarifsystem im öffentlichen Personenverkehr ist überaus kompliziert. Neben dem Normalpreis der Deutschen Bahn gibt es zahlreiche Verkehrsverbünde mit eigenen Tarifen, landesweite Tarife wie den Niedersachsentarif, unzählige vergünstigte Angebote sowie noch zahlreiche individuelle Tarife auf lokaler Ebene oder bei einzelnen Busunternehmen. Kein Vergleich mit Ländern wie der Schweiz, wo im öffentlichen Personenverkehr seit langem überall derselbe Tarif gilt – unabhängig von Verkehrsmittel und -unternehmen.

Außerdem sind gerade Fahrkarten für Gelegenheitsfahrer abschreckend teuer. Insgesamt legten die Fahrpreise im Nahverkehr laut Statistischem Bundesamt zwischen 2016 und 2020 um insgesamt knapp 16 % zu. Das übertrifft die allgemeine Inflationsrate bei weitem und lockt die Fahrgäste nicht gerade in Busse und Bahnen. So kostet eine Hin- und Rückfahrt von Oldenburg nach Bremen ohne Ermäßigung bereits über 17 € für eine Person, bereits bei zwei Personen lohnt sich ein Niedersachsen-Ticket für 28 €. Veranschlagt man 30 Cent pro Kilometer für ein durchschnittliches Auto, ist man bereits bei drei Insassen deutlich günstiger und flexibler unterwegs.

Auch in unserem Verbandsgebiet gibt es also einiges zu verbessern. PRO BAHN hat sich deswegen verschiedene Forderungen für den Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen überlegt, die die Tarife kurzfristig übersichtlicher und vor allem attraktiver werden.den:

MaßnahmeBegründung
Anerkennung der BahnCard 25 in allen Verkehrsmitteln im VBN-Gebiet (25 % Rabatt auf Regeltarif)Dadurch sinkt das allgemein zu hohe Preisniveau für BahnCard-Nutzer, und es werden neue Fahrgäste gewonnen. Bislang ist der Besitz einer BahnCard für Fahrgäste, die zwar viel fahren, sich aber hauptsächlich im VBN-Gebiet bewegen, praktisch nutzlos.
Luftlinientarif auf bestimmten StreckenDerzeit zahlt man für die Fahrt zwischen zwei Orten teilweise unterschiedliche Preise je nach Fahrtweg. Das ist unattraktiv und verursacht unfreiwilliges Schwarzfahren bei Unkenntnis dieser Situation. Dies betrifft z. B. die Verbindungen Oldenburg – Elsfleth, Oldenburg – Wildeshausen führt aber auch zu unlogischen Situationen etwa, wenn man von Bremen-Farge nach Bremen Hbf will und weniger zahlen muss, als vom deutlich näher gelegenen Berne.
Attraktiver KurzstreckentarifDer jetzige Kurzstreckentarif ist überteuert und unattraktiv, weil er nur für drei Stationen gilt und z. B. in Oldenburg 1,50 € kostet. Damit legt man aufgrund der kurzen Haltestellenabstände meist kaum einen Kilometer Fahrtstrecke zurück. Eine Überarbeitung ist dringend notwendig.
Mitfahrerticket für eine weitere Person zu 1 €Gerade im städtischen Busverkehr sind Einzelfahrscheine bezogen auf die gefahrene Strecke von oft unverhältnismäßig teuer. In Oldenburg kostet eine einzelne Fahrt etwa 2,55 €. Wer z. B. aus dem Stadtteil Eversten in die Innenstadt möchte, um dort einzukaufen und vielleicht noch einen Kaffee zu trinken, zahlt hin und zurück 5,10 €, zu zweit sogar 10,20 €. Die Wegstrecke beträgt jedoch je Richtung nur rund vier Kilometer. Bei 30 Cent pro Kilometer und 3,00 € für Parkgebühren ergibt das mit dem Auto dagegen nur 5,40 €, also gut die Hälfte.
Rein rational ist eine Nutzung des Busses hier nicht vertretbar. Ein Mitfahrertarif, bei dem eine Person voll und wenigstens der erste Mitfahrer nur einen stark ermäßigten Pauschalpreis von 1 € zahlt, könnte hier die Nutzung des ÖPNVs deutlich attraktiver machen. In besagtem Beispiel läge der Preis dann hin und zurück bei 7,10 € statt 10,20 €. Ist alles binnen 90 Minuten erledigt, kann man in Oldenburg sogar mit einer Fahrkarte zurückfahren. Dann ist man mit 3,55 € dabei und deutlich günstiger als mit dem Auto.
Abo-Beginn im Monat, flexible LaufzeitenBislang müssen Abonnements wie Monatskarten immer ab Beginn eines Monats gekauft werden. Kundenfreundlicher ist es stattdessen, die Karten immer genau einen Monat laufen zu lassen, und den Gültigkeitsbeginn nach Wunsch auf einen beliebigen Tag zu legen. Das kann der Monatserste sein, aber auch z.B. der Monatssiebte. Eine solche Monatskarte würde dann etwa vom 07.04. bis einschließlich 06.05. gelten.
Kurzfristige Forderungen an eine regionale Tarifreform im VBN

Daneben gibt es auch eine Reihe eher langfristiger Forderungen, die grundsätzliche Änderungen mit sich bringen. Für kurzfristig umsetzbar halten wir sie deswegen nicht, weil sie strukturelle Änderungen im Tarifgefüge und ggf. auch erhebliche Mindereinnahmen verursachen. Diese müssen im Falle des VBN zunächst langwierig zwischen dem Verband und den beteiligten Kommunen ausgehandelt werden. Vor allem müssen die Kommunen von der Notwendigkeit derartiger Reformen überzeugt werden.

MaßnahmeBegründung
Reduktion aller Preise um ein Drittel (Einzelfahrkarten, Gruppenkarten und Abonnements)Das gesamte Preisniveau sollte insgesamt deutlich, mindestens um ein Drittel gesenkt werden – und zwar über alle Fahrkarten hinweg. Durch die Reduktion wird es sich für deutlich mehr Menschen lohnen, sowohl im Gelegenheitsverkehr als auch zum Pendeln oder zu anderen regelmäßigen Anlässen Busse und Bahnen zu benutzen. Leider ist in Deutschland das Preisniveau im öffentlichen Verkehr in den letzten Jahren wesentlich stärker gestiegen als die Inflationsrate und auch schneller als die Kosten der Pkw-Nutzung. Dies gilt es zu korrigieren, wenn eine Verkehrswende gelingen soll, zumal der ÖPNV immer die im Vergleich zum Auto geringere Flexibilität ausgleichen muss.
365€-JahreskarteVerschiedene Städte, allen voran Wien, haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, ein Jahresabo für 365 € anzubieten, mit dem im gesamten Stadtgebiet Busse und Straßenbahnen benutzt werden können. Durch die Deckelung des Preises auf 365 € wurden zahlreiche neue Fahrgäste angelockt, so dass sich sogar der niedrigere Preis amortisierte. Dies sollte auch bei uns versucht werden und jeweils für eine Tarifzone im VBN gelten. Bei längeren Strecken über mehrere Tarifzonen kann der Preis natürlich entsprechend höher liegen. Die jährlichen Preissteierungen sollten sich im Rahmen der Inflationsrate bewegen.
Neuer Park&Ride-TarifIm VBN gibt es derzeit keinen vernünftigen Park&Ride-Tarif; gerade Umstiege auf Stadtbusse und Straßenbahnen werden dadurch unattraktiv, wenn man als Gelegenheitsnutzer den Normalpreis zahlen muss. Beispiel: Wer in Bremen-Huchting in die Straßenbahn umsteigt, zahlt den normalen Einzeltarif von 2,85 € je Strecke, um in die Innenstadt zu gelangen. Bei einer vierköpfigen Familie zahlt man zwar bei Nutzung des Tagestickets nicht 8 x 2,85 € = 22,80 €, sondern “nur” 17,00 €. Selbst wenn die Kinder noch klein sind, müssen die beiden Eltern noch 11,00 € zahlen. Da ist es deutlich billiger, mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren und es dort im Parkhaus abzustellen. Mehr als 7-8 € wird man dafür selbst bei einem langen Einkaufsbummel nicht zahlen.
Wir fordern daher ein spezielles P&R-Ticket, wie es beispielsweise in Groningen verkauft wird. Dort kann man mit bis zu fünf Personen für nur 6,00 € mit dem Bus in die Stadt und wieder zum Parkplatz zurückfahren. Das ist konkurrenzfähig zu den Kosten, die ein Pkw verursacht.
Vereinfachung des TarifsystemsDas Tarifsystem ist, wie bereits eingangs geschrieben, sehr komplex. Vielfach ist es ohne längere Überlegung und tieferes Wissen gar nicht möglich, den sinnvollsten Tarif für eine Fahrt auszuwählen, wenn man kein Zeitkarteninhaber ist. Hier sollte angesetzt und das Tarifangebot grundsätzlich bereinigt werden. Zusammen mit der oben geforderten Reduktion aller Preise bedeutet das selbst bei Wegfall bestimmter Sondertarife immer noch eine breitangelegte Verbesserung.
Angepasste FahrradtarifeDerzeit kostet ein Fahrradticket 2,00 € für bestimmte Tarifzonen oder 3,95 € für das Gesamtnetz. Das führt dazu, dass mitunter das Fahrradticket teurer als die Einzelfahrkarte oder wenigstens unverhältnismäßig teuer ist. Beispiel: Eine Kurzstreckenfahrt kostet 1,50 € (Oldenburg) und ist somit billiger als eine Fahrradkarte. Auch ein Einzelticket ist in Oldenburg mit 2,55 € nur unwesentlich teurer als eine Fahrradkarte. Hier sind Verbeserungen erforderlich; bei bestimmten Tickets könnte beispielsweise die Fahrradmitnahme als prozentualer Aufschlag erhoben werden.
Langfristige Forderungen für eine Umstrukturierung des VBN-Tarifmodells

Für diese Forderungen setzt sich PRO BAHN Oldenburger Land/Bremen ein. Daneben gibt es noch einzelne andere Forderungen unseres Regionalverbands, die bundesweite Auswirkungen haben. So ist eine Vereinfachung des Tarifsystems nicht nur im VBN, sondern in ganz Deutschland erforderlich. Eigentlich müsste es sogar ein einheitliches Tarifsystem wie in der Schweiz geben, das für alle Verkehrsmittel überall gilt. Ebenfalls sollten Probe-Abos, z. B. bei der BahnCard, grundsätzlich so gestaltet werden müssen, dass sie sich nicht automatisch verlängern und in ein reguläres Abonnement umwandeln. Dies dien dem Verbraucherschutz.