30 Minuten schneller von Oldenburg an Rhein und Ruhr, aber Umsteigezwang für Wilhelmshaven

PRO BAHN zum Fahrplanwechsel am 11.12.22 im Nordwesten

Der sich nähernde jährliche Fahrplanwechsel bei der Bahn am 11.12.2022 bringt mit dem neuen Verkehrsvertrag der Regio-S-Bahn, der durch die NordWestBahn gewonnen wurde, umfangreiche Änderungen für die Region zwischen Bremen, Bremerhaven und Oldenburg mit sich. Dazu gehört insbesondere eine moderate Ausweitung des Angebots auf einigen Strecken. Der Fahrgastverband PRO BAHN nimmt hierzu Stellung.

Zusätzliche Linie zwischen Oldenburg und Bremen

Positivste Änderung ist aus Sicht von PRO BAHN die Beschleunigung der S-Bahn-Linie zwischen Bad Zwischenahn und Bremen. Diese hält östlich von Oldenburg zukünftig nur noch in Hude und Delmenhorst. Dadurch wird in Bremen nun der Anschluss an den Fernverkehr in Richtung Dortmund, Düsseldorf und Köln erreicht, der der Regio-S-Bahn planmäßig bislang sprichwörtlich vor der Nase wegfuhr. Somit verkürzt sich die Fahrzeit von Oldenburg, Wilhelmshaven und Friesland zu allen Zielen ab Dortmund um ca. 30 Minuten, ohne dass dafür teure Investitionen in die Strecke nötig waren.

Ebenfalls vom neuen Verkehrsvertrag profitieren auch die kleinen Bahnhöfe zwischen Hude und Bremen, die zukünftig halbstündlich mit einer neuen, langsamen Linie aus Oldenburg und der bestehenden RS 4 aus Nordenham angebunden werden. Leider fällt dadurch auch der Anschluss aus Nordenham an die RB 41 in Bremen nach Hamburg weg. So gut der Halbstundentakt für Bookholzberg, Schierbrok, Hoykenkamp, Heidkrug und Bremen-Neustadt auch ist, so bedauerlich findet PRO BAHN die daraus resultierende Fahrzeitverlängerung zwischen Nordenham und Bremen. „Wir hätten es lieber gesehen, wenn der langsame Halbstundentakt auf der ganzen Relation Oldenburg – Bremen zusätzlich zum halbstündlichen Expressverkehr angeboten worden wäre und die Nordenhamer Züge nicht ausgebremst worden wären“, sagt dazu Regionalvorsitzender Malte Diehl.

Wiederholte Zugausfälle auf der Wunderline mangels Kapazität

Eine regelrechte Unverschämtheit gegenüber den Fahrgästen ist dagegen die Tatsache, dass im Sommer vom 23.06. bis zum 04.08.23 erneut sechs Wochen lang die gesamte Regio-S-Bahn täglich außer sonntags zwischen Oldenburg und Bad Zwischenahn ausfällt und das Angebot auf diesem Abschnitt halbiert. Grund sind wieder einmal umgeleitete Güterzüge – ironischerweise vorwiegend für VW zum Emder Hafen. Diese wochenlangen Ausfälle sind in den vergangenen Jahren leider zur bitteren Routine geworden. Für das Problem – fehlende Streckenkapazität zwischen Oldenburg und Bad Zwischenahn – fühlt sich leider niemand zuständig, schon gar nicht der profit- und nicht gemeinwohlorientierte Infrastrukturbetreiber DB Netz. Auch im Projekt Wunderline ist dort keine Kapazitätserhöhung vorgesehen. Vorsitzender Diehl fordert deswegen: „Das Land Niedersachsen sollte ungeachtet der nominellen Zuständigkeiten die im Koalitionsvertrag festgehaltene Infrastrukturoffensive dafür nutzen, diesen Engpass durch ein zusätzliches Kreuzungsgleis oder einen zweigleisigen Abschnitt schnellstmöglich zu beseitigen. Ansonsten wird es auf lange Sicht auch keine Direktzüge zwischen Bremen, Oldenburg und Groningen geben können.“

Regio-S-Bahn nach Wilhelmshaven – aber keine Direktzüge nach Bremen mehr

Erstmals fahren nun Züge der Regio-S-Bahn bis Wilhelmshaven. Auf der Strecke zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven werden insgesamt unter der Woche einige Zugpaare mehr angeboten, jedoch fallen zum großen Bedauern von PRO BAHN die Verstärkerleistungen der ehemaligen RE19 am Sonntag ganz weg. Überhaupt verliert Wilhelmshaven für mindestens ein Jahr jegliche Direktverbindung nach Bremen, was für die Reisenden ein Schlag ins Gesicht ist. Ursache hierfür ist die Baustelle an der Alexanderstraße mit einem eingleisigen Abschnitt zwischen Oldenburg und Rastede, der es nicht erlaubt, die Regio-S-Bahn in der eigentlich vorgesehenen Zeitlage direkt von Bremen nach Wilhelmshaven zu führen. Mit etwas Kreativität und gutem Willen hätte man hierfür aber auch eine Lösung finden können, um wenigstens einzelne Direktverbindungen zu ermöglichen.

Schließlich gibt es abends noch einen unschönen Anschlussverlust: Der abendliche ICE aus München trifft zukünftig um 23:32 Uhr in Oldenburg ein, eine Viertelstunde später als heute. Währenddessen fährt die letzte NordWestBahn nach Wilhelmshaven unverändert um 23:36 ab, so dass auch hier kein planmäßiger Anschluss mehr besteht. Auch diese Änderung fand offenbar unabgestimmt statt. PRO BAHN fordert die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) als Aufgabenträger für den Regionalverkehr daher dazu auf, gemeinsam mit DB Netz AG kurzfristig dafür zu sorgen, dass die Abfahrt der NordWestBahn um zwei oder drei Minuten nach hinten verlegt wird, um den Anschluss wiederherzustellen.

Elektrisch zwischen Rotenburg und Verden – mit Lücken und Ausfällen

Kleinere positive Änderungen gibt es hingegen auf den Strecken Bremen – Bremerhaven und Rotenburg – Verden. Von und nach Bremerhaven werden in den Hauptverkehrszeiten einige zusätzliche Züge angeboten. Auf der Rotenburger Strecke ersetzen moderne Elektrotriebwagen zukünftig die betagten Dieseltriebwagen. Leider konnte man sich seitens der Aufgabenträger sich nicht dazu durchringen, hier endlich einen ganztägigen Stundentakt zu bestellen, der die Verbindung zwischen Verden, Rotenburg und Hamburg deutlich verbessert hätte. Auch weiterhin werden wegen der noch länger anhaltenden Eingleisigkeit der Strecke bei starkem Umleitungsverkehr Zugausfälle stattfinden müssen. „Dass der überfällige zweigleisige Ausbau insgesamt bei 24 Monaten Totalsperrung geschlagene acht Jahre dauert, ist völlig inakzeptabel und verheißt nichts Gutes für den weiteren Ausbau des Schienenverkehrs“, urteilt Diehl in Namen von PRO BAHN darüber.

Undurchsichtige Planung des Fahrplans mit beinahe schwerwiegenden Folgen

Beinahe wäre es auch noch dazu gekommen, dass der Eckanschluss von Bremen an den RE18 in Richtung Osnabrück in Oldenburg regelmäßig gekappt worden wäre. Seitens der Deutschen Bahn wurde nach unserem Wissen eigenmächtig und ohne Abstimmung einfach die Fahrzeit des IC von Leipzig nach Norddeich zwischen Bremen und Oldenburg um zwei Minuten nach hinten gelegt. Statt zur Minute 23 wären diese Züge nun zur Minute 25 in Oldenburg angekommen. Da der RE 18 aber weiterhin zur Minute 29 abfährt, wäre die Mindestumsteigezeit unterschritten worden, so dass diese Verbindung nicht mehr in den Fahrplanmedien ausgewiesen worden wäre und der RE 18 auch nicht mehr gewartet hätte. Die Reisezeit aus Richtung Bremen zu den Bahnhöfen südlich von Oldenburg hätte sich damit je nach Startbahnhof um 30 bis 60 Minuten verlängert. Nur durch eine Intervention des Aufgabenträgers LNVG konnte kurzfristig wieder die alte Zeitlage des ICs erreicht werden. Für PRO BAHN verdeutlicht dies, wie wichtig eine frühzeitige und transparente Planung des nächsten Jahresfahrplans ist. Leider findet seitens des Landes Niedersachsen keine Konsultation von Fahrgastverbänden und anderen interessierten Organisationen mehr statt, während anderer Bundesländer, etwa Sachsen-Anhalt, viel Wert auf Beteiligung legen. Vorsitzender Diehl meint dazu: „Um genau solche Probleme wie die verschobenen Intercitys zu vermeiden, fordern wir, dass die Fahrplanentwürfe öffentlich zur Diskussion gestellt werden, so dass sinnvolle und kurzfristig umsetzbare Vorschläge und Kritikpunkte noch eingearbeitet werden können.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert