Wahlkreis 027 Oldenburg – Ammerland, CDU

1. Frage: Welche Bedeutung hat der öffentliche Personenverkehr für Sie? Welche Bedeutung sollte er in zehn Jahren haben?

ÖPNV ist einer der entscheidenden Faktoren, um den Menschen hohe Mobilität zu sichern und zugleich die Umwelt zu schonen. Dabei ist der ÖPNV keine Brückentechnologie auf dem Weg zum klimaneutralen Individualverkehr. Der ÖPNV ist eine Grundkonstante, schon allein deshalb, weil er die Zentren aus dem Umland viel schneller erreichbar macht als jeder andere Verkehrsträger.

2. Frage: Welche Schwerpunkte sollten nach Ihrer Überzeugung in der Verkehrspolitik der kommenden Legislaturperiode gesetzt werden? Welche Gründe haben Sie dafür?

Wir müssen unsere Kraft auf die ganz großen Fragen konzentrieren und dürfen uns nicht in Symbolpolitik verheddern. Tempo 130 auf Autobahnen ist so ein Beispiel: Der Einspareffekt bei umweltschädlichen Abgasen ist höchst überschaubar. Viel wichtiger ist die Frage, wie wir in einem der dicht besiedelsten Länder der Welt auf einem begrenzten Schienennetz den wachsenden ÖPNV zusammen mit dem dichter getakteten Fernverkehr und dem wachsenden Bedarf an Güterverkehr auf der Schiene abwickeln können. Natürlich können wir durch unser Umdenken bei der Schienen-Infrastruktur Boden gutmachen: Wir haben vom Bund Milliardensummen bereitgestellt, um Gleise, Weichen, Oberleitungen zu erneuern und auch Strecken zu reaktivieren. Aber das wird nicht reichen. Frankreich beispielsweise hat ja nicht nur deswegen Vorteile, weil es auch infrastrukturell ein zentral auf Paris ausgerichtetes Land ist. Vielmehr hat es ein komplett eigenständiges Hochgeschwindigkeitsnetz.

3. Frage: Infolge der coronabedingt eingebrochenen Fahrgastzahlen ist die Finanzierung des öffentlichen Personenverkehrs massiv gefährdet. Was wollen Sie tun, um die Finanzierung sicherzustellen?

Sie können das nicht durch Erhöhungen der Fahrpreise ausgleichen. Eine Gesellschaft muss nach so tiefgreifenden Krise auch Schulden abschreiben, sich fiskalisch neu sortieren und Mittel in den Haushalten verschieben. Der ÖPNV mit seinen Landesnahverkehrsgesellschaften in den Ländern ist einfach zu wichtigen, als die Sorgen dort allein zu lassen.

4. Frage: Wenn es, u.a. als Pandemiefolge, zu finanziellen Zielkonflikten käme, wären Sie dazu bereit, Straßen- und vor allem Autobahnneubauten zugunsten von Schieneninfrastrukturmaßnahmen zurückzustellen?

Das ist keine Frage, die erst durch die Pandemie entstanden ist. Jeder Bundesverkehrswegeplan der letzten Jahrzehnte als Bundesgesetz ist jeweils ein Abgleich von Interessen und zwingenden Notwendigkeiten nicht nur in betriebstechnischer Hinsicht gewesen, sondern natürlich auch bei der Frage, ob die verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen unterm Bruchstrich bezahlbar sein werden. Immer aus der vorausschauenden Sicht, den Glaskugeln hat keiner von uns. Kommen Krisen dazu, muss in jedem Einzelfall abgewogen werden. Das ist ein ständiges politisches Muss.

5. Frage: Was wollen Sie tun, um die verschiedenen Verkehrsträger besser miteinander zu verknüpfen und den Übergang auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver zu machen?

Die Lösung klingt einfach, ist aber nicht auf Anhieb umzusetzen. Wir müssen für die Bürger eine Sicherheit der Verfügbarkeit haben, wie sie in manchen Großstädten vorhanden ist. Beispielsweise konnten Sie in Berlin schon lange vor der Zeit der Digitalisierung, etwa in den frühen 90ern, die Haustür verlasen und mussten sich kaum Gedanken machen, ob sie rechtzeitig zwei Bezirke weiter mit dem ÖPNV ankommen. Sie mussten nur grob abschätzen, ob ihre Zeit reicht und mussten überlegen, ob sie zuerst in die S-Bahn und zum Schluss in den Bus steigen oder doch erst die U-Bahn nehmen. Dazu brauchte man keine App. Sie konnten sich sogar während der Fahrt beim Blick auf den ÖPNV-Plan nach umentscheiden. Das wird man auf dem Land natürlich nicht abbilden können. Aber wir müssen für die Bürger eben dort – zumindest Mo.- Fr. zwischen 6 und 19 Uhr die Gewissheit schaffen, wenn ich zu Fuß das Haus verlasse, bin ich in fünf Minuten an einem Sammelpunkt, wo mich spätestens zehn weitere Minuten später ein Fahrzeug abholt, ganz gleich ob Bus, Bürgerbus, Sammeltaxi, privater Anbieter oder S-Bahn bzw. Regionalexpress.

6. Frage: Gerade in ländlichen Gebieten gibt es bis heute kaum Möglichkeiten, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen. Welche Pläne haben Sie, um allen Menschen hinreichend Mobilität ohne eigenes Auto zu ermöglichen?

Siehe Frage 5

7. Frage: Welche Ausbaumaßnahmen für und/oder Reaktivierungen von Schienenstrecken in Ihrem Wahlkreis werden Sie in der kommenden Legislaturperiode voranbringen?

Ich habe es immer für einen Fehler gehalten, die Kreisstadt Westerstede vom Schienenverkehr abzuhängen. Zudem reichen mir die Pläne in puncto S-Bahn-Anbindung rund um Oldenburg nicht aus. Als dritten Punkt sehe ich die Strecke Osnabrück-Oldenburg: Hier ist keine Elektrifizierung zu erwarten. Stattdessen ist diese Strecke ideal, um hier einen Wasserstoff-Linienverkehr anzubieten, und zwar in Summe aller Angebote mit höherer Taktung als bislang.

8. Frage: Wie stehen Sie zum Deutschland-Takt? Welche Verbesserungen erwarten Sie für unsere Region im Hinblick auf den Deutschland-Takt?

Wir haben ja erreicht, dass die IC-Anbindung verbessert und von OL nach WHV geflügelt werden soll. Auch bei der Zusage, dass Oldenburg keine Rückschritte bei der ICE-Anbindung zu erwarten hat, werden ich alle, mit denen ich darüber gesprochen habe, beim Wort nehmen. Ich habe mich in dem Punkt weit aus dem Fenster gelehnt und kräftig auch hinter den Kulissen getrommelt. Das muss jetzt umgesetzt werden.

9. Frage: Wie wollen Sie die Fernverkehrsanbindung des Nordwestens verbessern? Was wollen Sie dagegen tun, dass die Fernzüge von Bremen in Richtung Hannover bei Baustellen ständig gekürzt oder gestrichen werden?

Auch in diesem Punkt werden ich meine verkehrspolitischen Kolleginnen und Kollegen beim Wort nehmen: Die Strecke Hannover-Bremen-Bremerhaven wird ja ausgebaut, um unter anderem die ICE-Hochgeschwindigkeitszüge aus Süddeutschland bedienen zu können. Zeitgleich wurde die Taktung der REs erhöht. Jetzt steht die Politik im Wort, das zeitgleich zu leisten.

10. Frage: Im Nordwesten gibt es eine große Zahl nicht elektrifizierter Strecken. Sehen Sie die Elektrifizierung weiterer Strecken als sinnvollste Option an und, wenn ja, welche Strecken würden Sie elektrifizieren?

Ich sehe – wie am Beispiel der Strecke OL-OS erläutert – gerade im ÖPNV auf der Schiene die Zukunft eindeutig beim Wasserstoffantrieb. Mit der EWE haben wir einen potenten Versorger vor Ort, der die richtigen Schritte einleitet, um Wasserstoffzüge versorgen zu können. Ich sehe Oldenburg hier als Wasserstoff-Drehkreuz für den gesamten Nordwesten. Das ist die Zukunft, nicht die massive Elektrifizierung nichtelektrifizierter Strecken

11. Frage: Die Bahn hat in Sachen Barrierefreiheit noch einigen Nachholbedarf. Wie sollte dies in den nächsten Jahren angegangen und gefördert werden? Welche Rolle sollte der Bund einnehmen?

Ich habe mich ja zum Beispiel in Rastede, aber auch in Augustfehn kräftig und erfolgreich dafür ausgesprochen, hier durch Bundes- und Landesmittel schnell Abhilfe zu schaffen. Gleiches gilt für Oldenburg. Dort muss aus meiner Sicht die Sanierung der Gleishalle den nächsten großen Schub geben.