Zum erneuten Einbau einer Ersatzbrücke in Elsfleth: PRO BAHN fordert feste Huntequerung in Oldenburg und neue Ausweichstrecke für den Nordwesten

Nachdem infolge menschlichen Versagens zum zweiten Mal binnen eines Jahres die Huntebrücke bei Elsfleth zerstört wurde, wird nun nach Einbau der neuen Ersatzbrücke der Zugverkehr zwischen Nordenham und Hude wiederaufgenommen. Der Fahrgastverband PRO BAHN zeigt sich erfreut über die schnelle und professionelle Reparatur; besonders für Pendler aus der Wesermarsch nach Bremen wird damit wieder Normalität hergestellt und der zeitraubende Schienenersatzverkehr überflüssig, aber auch Häfen und Industrie entlang der Strecke können endlich wieder angefahren werden, was wichtig für die regionale Wirtschaft ist.

Gleichwohl steht die Frage im Raum, ob wir es uns leisten können, eine derart fragile Eisenbahninfrastruktur zu haben, dass simple Navigationsfehler eines Schiffers ausreichen, um eine Lebensader der Region für längere Zeit abzuschneiden. Und gleichzeitig leisten wir uns an der Strecke zwischen Hude und Oldenburg eine Huntebrücke im Oldenburger Osten, die im Schnitt alle zwei Wochen für mehrere Stunden gestört ist und den gesamten Zugverkehr im Oldenburger Land ins Chaos stürzt. Als Fahrgastverband findet PRO BAHN, dass dieser Zustand unhaltbar ist und nicht länger hingenommen werden kann.

Besonders im Falle Oldenburgs bleibt die Bahn aber uneinsichtig und will lediglich die marode Brücke sanieren, anstatt endlich eine feste Huntequerung zu bauen. Bereits Anfang des Jahres verlautbarte seitens der Deutschen Bahn, dass mit einem Neubau erst in einigen Jahrzehnten zu rechnen sei. Diese Haltung ist für PRO BAHN unverantwortlich. Der Vorsitzende des Regionalverbands Oldenburger Land/Bremen, Malte Diehl, weist auf ein weiteres Problem mit dieser Brücke hin: „Auch in Oldenburg reicht eine einzige Kollision zwischen einem Schiff und der Huntebrücke, und die Bahnverbindungen nach Bremen und Osnabrück sowie die gerade erst für viel Geld ausgebaute Anbindung des Jade-Weser-Ports wären für Monate unterbrochen. Dies hätte noch weitaus schlimmere Konsequenzen als bei der Huntebrücke in Elsfleth, denn die Zahl der Personen- und Güterzüge, die diese Brücke täglich passieren, ist um ein Mehrfaches höher. Einen längeren Ausfall kann das Schienennetz im Nordwesten nicht verkraften.“

Der Fahrgastverband fordert daher ein robusteres, besser gegen Ausfälle abgesichertes Eisenbahnnetz im Nordwesten. Dazu zählen kurzfristig folgende Kernpunkte:

  • Schnellstmöglicher Ersatzneubau der Huntebrücke in Elsfleth mit einer Durchfahrtshöhe, die mindestens jener der Straßenbrücke in Huntebrück entspricht.
  • Sofortiger Einstieg in die Planung einer festen Huntequerung als Ersatz für die bestehende Huntebrücke in Oldenburg für die Bahnstrecken nach Bremen und Osnabrück; dabei muss auch der fast dauerhaft geschlossene Doppelbahnübergang Stedinger Straße durch eine Überführung ersetzt werden und die Bedienung des Hafens durch Güterzüge weiter möglich bleiben.

Darüber hinaus fordert PRO BAHN langfristig aber auch eine grundsätzliche Stärkung des Schienennetzes im Nordwesten durch eine neue Ausweichstrecke. „Früher gab es zwischen Oldenburg und Brake eine Nebenbahn, die sogenannte Gummibahn“, führt Vorsitzender Diehl aus. „Leider wurde infolge kurzsichtiger Verkehrspolitik stillgelegt und abgebaut; sonst hätte man sich damit bei Störungen behelfen können. Eine solche Strecke braucht es wieder – allein schon angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens auf der Schiene.“

Der Fahrgastverband schlägt daher vor, statt der umweltpolitisch irrsinnigen Autobahn A20 lieber eine neue Eisenbahnstrecke auf dieser Trasse anzulegen. Wenn die A20 entgegen aller Vernunft unbedingt gebaut werden soll, dann sollte wenigstens daneben eine neue Bahntrasse entstehen. Zu den Bestandsstrecken, die im Verlauf der Trasse gekreuzt würden, müssten geeignete Verbindungskurven gebaut werden.

„Durch eine Bahntrasse parallel zur A20 stiegen nicht nur Kapazität und Ausfallsicherheit des Eisenbahnnetzes im Nordwesten. Im Personen- und Güterverkehr eröffneten sich auch ganz neue und schnellere Verbindungen, die die Eisenbahn wesentlich attraktiver machen würden“, erläutert Diehl weiter. „Über eine Verbindungskurve nördlich Rastedes könnte etwa ein Regionalexpress Oldenburg – Bremerhaven in 45 Minuten die beiden Großstädte verbinden. Auch der Fernverkehr zwischen den Niederlanden und dem Großraum Hamburg könnte unter Nutzung einer ausgebauten Wunderline deutlich beschleunigt werden.“

Weitere mögliche neue und gegenüber heute deutlich schnellere Verbindungen wären etwa Bremerhaven – Stade – Hamburg oder Wilhelmshaven – Hamburg. Der überlastete Knoten Bremen würde gerade im Güterverkehr zu den Seehäfen merklich entlastet. Angesichts dieser Möglichkeiten und der dringend nötigen Ausweichrouten bei Störungen fordert PRO BAHN Land und Bund auf, die Möglichkeit einer Bahnstrecke anstelle oder entlang der A20 dringend zu prüfen. Leider sperrt sich gerade Niedersachsen bis heute vehement gegen jeden Eisenbahnneubau und bevorzugt einseitig neue, umweltschädliche Autobahnen.

Anlage:

Link zu einem Trassierungsvorschlag einer Eisenbahn-Neubaustrecke (blau) entlang oder anstelle der geplanten Autobahn A20 mit Verbindungskurven (rot)

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